Darraðarljóð
(Dörruðs Lied)
auch bekannt als
Das Walkürenlied

In der isländersaga „Njáls saga“ (auch: Brennu Njáls saga) aus dem 13. Jahrhundert kommen die Walküren selber zu Wort. Sie beschreiben ihre Aktivitäten in einem schauerlichen Gedicht. In dem Lied während sie weben, diskutieren zwölf Walküren darüber, wer in der Schlacht von Clontarf, die im Jahr 1014 in der Nähe von Dublin stattfand, sterben soll. Das Gedicht enthält viele Kennings und mehrere Übersetzungen in modernen Sprachen existieren, die sich alle voneinander unterscheiden. Sie alle wären nicht leicht zu verstehen gewesen, weshalb in so mancher Übersetzung die meisten Kennings in ihre Bedeutungen umgewandelt wurden.
Als Dörrud am Karfreitagmorgen sein Haus verließ, sah er zwölf Gestalten, die zu einer Wohnung in einem Hügel ritten. Er ging hinüber und sah durch ein Fenster, um zu sehen, was los war. Er sah dort Frauen, die sorgfaltig einen Webstuhl aufgespannt hatten. Sie verwendeten menschliche Schädel als Webgewichte, und die Fäden an Webstuhl und Spule bestanden aus menschlichem Darm. Sie benutzten ihre Schwerter als Weberschiffchen und Pfeile dienten als Haspeln. Während der Arbeit deklamierten die Frauen folgendes Gedicht, das in zwei Übersetzungen geboten wird:
Zuerst eine Übersetzung von Felix Genzmer, die Erstveröffentlichung erschien in seine „Götterdichtung“, 1920 in der Thule Reihe. Genzmer hat bis seinem Tod in 1959 daran gearbeitet seine Edda Übersetzung zu verbessern.
Weit ist gespannt zum Waltode Webstuhls Wolke; Wundtau regnet. Nun hat an Geren grau sich erhoben Volksgewebe der Freundinnen mit rotem Einschlag des Randwertöters. |
Vítt er orpit fyri valfalli rifs reiðiský rignir blóði; nú er fyri geirrum grár upp kominn vefr verþjóðar er þær vinur fylla rauðum vepti Randvés bana. |
Geflochten ist es aus Fechterdärmen und stark gestrafft mit Streiterschädeln; Kampfspeere sind die Querstangen, der Webebaum Stahl, das Stäbchen ein Pfeil; schlagt mit Schwertern Schlachtgewebe! |
Sjá er orpinn vefr ýta þörmum ok harðkléaðr höfðum manna eru dreyrrekin dörr at sköptum járnvarðr yllir enn örum hrælat skulum slá sverðum sigrvef þenna. |
Hild geht weben und Hjörthrimul, Sangrid, Swipul mit Siegschwertern. Schaft soll brechen, Schild soll krachen, durch Harnische der Helmwolf dringen. |
Gengr hildr vefa ok hjörþrimul sangríðr svipul sverðum svipul skapt mun gnesta skjöldr mun bresta mun hjálmgagarr í hlíf koma. |
Webet, webet Gewebe des Speers, das der junge König von je gekannt! Vorwärts stürmet ins Feindesheer, wo unsre Freunde wir fechten sehn! |
Vindum vindum vef Darraðar sá er ungr konungr átti fyrri fram skulum ganga ok í fólk vaða þar er vinir várir vápnum skipta. |
Webet, webet Gewebe des Speers! Folget hinfort dem Fürstensohn! Voll Blut erblickt man blanke Schilde, wo den König Gunn und Göndul schirmen. |
Vindum vindum vef Darraðar ok siklingi síðan fylgjum þar sjá bragnar blóðgar randir Gunnr ok Göndul þær er grami hlíðu. |
Webet, webet Gewebe des Speers, wo kühner Fechter Fahnen schreiten! Laßt sein Leben ihn nicht verlieren! Walküren lenken der Walstatt Los. |
Vindum vindum vef Darraðar þar er vé vaða vígra manna látum eigi líf hans faraz eigu valkyrjur vals um kosti. |
Die Leute werden der Lande walten, die mit am Strande hatten gehaust. Der mächtige Herrscher muß nun sterben: Jäh ist vom Speer der Jarl gefällt. |
Þeir munu lýðir löndum ráða er útskaga áðr um byggðu kveð ek ríkum gram ráðinn dauða nú er fyrir oddum jarlmaðr hniginn. |
Und es wird Unheil die Iren treffen, das nie erlischt in der Leute Sinn. Das Werk ist gewoben, die Walstatt rot; Volksverderben fährt durch das Land. |
Ok munu Írar angr um bíða þat er aldri mun ýtum fyrnaz nú er vefr roðinn munu um lönd fara læspjöll gota. Nú er ógurligt |
Nun ist Schrecken rings zu schauen: blutige Wolke wandert am Himmel; rot ist die Luft von der Recken Blut, denen unsre Lose zum Leid fielen. |
um at litaz er deyrug ský dregr með himni mun lopt litat lýða blóði er sóknvarðar syngja kunnu. |
Dem jungen König kündeten wir Siegeslieder; wir singen Heil! Doch der es hört, behalte wohl und sag ihn den Mannen! |
Vel keðu vér um konung ungan sigrhljóða fjöld syngjum heilar enn inn nemi er heyrir á geirfljóða hljóð ok gumum segi. |
Spornt die Rosse zu raschem Lauf! Mit bloßen Schwertern schwingt euch davon. |
Ríðum hestum hart út berum bregðum sverðum á braut héðan. |
Dann rissen die Walküren das Tuch vom Webstuhl, rissen es in Stücke, und jeder nahm das Stück, das sie in der Hand hatte, und sechs von ihnen ritten nach Norden und die anderen sechs nach Süden davon.
Und hier noch eine Übersetzung von Christian August Vulpius aus 1826:
1. Aufziehen, aufziehen
Zum Gericht der Helden
Die Pfeilwolken
Des Weberbaums!
Es regnet Blut!
Schon wird auf Spiese
Das graue Gewebe
Der Krieger gespannt!
Die Schwestern füllen’s
Mit blutigem Einschlag
Von Randwers Mord!
2. Das Gewebe wird gewebt
Mit Gedärmen der Menschen;
Angezogen die Fäden
Von Männerschädeln!
Spiesse, dieTritte
In Blut getaucht!
Eisern die Rüstung!
Pfeile die Schiffchen!
Mlit Schwertern schlagen wir fest
Dies Gewebe des Siegs!
3. Es kommen zum Weben
Mit gezogenen Schwertern
Hildur, Iliorthrimul,
Sangrijdur, Swipul;
Der Schaft wird bersten,
Der Schild wird krachen,
Und rasseln an den Schild
Das spaltende Schwert!
4. Wir weben, wir weben,
Das Gewebe der Schlacht!
Dies Schwert war einst
Des jungen Königs Schwert.
Lasst uns gehen, Lasst uns fliehen,
Und wenden in die Schlacht,
Wo unsere Freunde
In Waffen schwitzen.
5. Wir weben, wir weben
Das Gewebe der Schlacht!
Hinaus! hinaus!
Dem Könige nach.
Schon sahen draussen
Gunnur und Gondul
(Sie folgten dem König)
Die blutigen Schilde.
6. Wir weben, wir weben
Das Gewebe der Schlacht!
In’s Schwertergeklirr
Der streitenden Krieger!
Wir schonen, wir schonen
Der Kämpfenden nicht.
Es haben Walkyren
Des Todes Gewalt.
7. Ein Volk soll künftig
Dem Lande gebieten,
Das jetzt in Wüsten,
In Gebirgen irrt.
Dem mächtigen Kü’nig
Verkünden wir Mord.
Schon hat vor dem Pfeiler
Der Graf sich geneigt.
8. Und Irland erwartet
Ein grosser Schmerz,
Den die Menschheit nimmer
Vergessen wird!
Schon ist daa Gewebe gewebt.
Blut bethauct das Schlachtfeld,
Die Länder durchfluthet
Der Krieger Mord.
9. Schauerlich, schauerlich ist’s
Zu schauen umher;
Wie durch den Himmel
Blutwolken ziehn.
Roth wird die Luft
Von Menschenhlut,
Eh“ unser weissagendes
Lied verhallt.
10. Wir singen, wir singen
Dem jugendlichen König
Triumphgesänge.
Heil den Singenden
Und Heil dem Gesang!
Horcher am Hügel,
Vernimm dies Lied,
Und sing’s daheim
Den Kriegern vor.
11. Wohlauf, ihr Schwestern,
Die Schwerter geschwenkt!
Von hinnen, von hinnen,
Mit eilenden Rossen
Hinweg von hier!