Stuffo, Stufo, Stuvo, Staffo
Gunivortus Goos
Aus: „Illustriertes Lexikon der germanischen Gottheiten“
ISBN-13: 9783751949804, 14.09.2020
Nach den aufgezeichneten Mythen und kirchlichen Berichten ist dieser Gott in Thüringen, Oberfranken und im Harz verehrt worden; in allen drei Regionen sind Hügel mit dem Namen „Stuffenberg“ verzeichnet. Alle drei haben heutzutage andere Namen.
Der Basis für diese Übersicht war die Karte auf: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Deutschland_%C3%9Cbersichtskarte.png
Obwohl oft geschrieben wird, dass der Name Stuffo zum ersten Mal in einer vita sancti bonefatii (Buch über das Leben des Hl. Bonifatius) aus der Zeit vor dem 11. Jahrhundert d. Z. erwähnt wurde, ist die früheste klare Bezeugung in der Historia S. Bonifacii des deutschen Historikers Johannes Letzner (1531–1613), der in der Zeit der Renaissance lebte. In Kapitel 11 seines lateinischen Werkes berichtet Letzner:
Bonifatius reiste mit seinem Gefolge von Geismar aus über die Werra auf den Stuffenberg. Dieser Berg liegt auf dem Eichsfeld zwischen den Orten Heiligenstadt und Eschwege. Auf diesem Berg stand ein teuflisches Götzenbild namens Stuffo, das von den Einheimischen als Gott verehrt und angebetet wurde. Bonifatius hatte dieses Götzenbild verflucht und verboten, und danach ritt er in ein Loch, das noch heute Stuffens Loch ähnlich dem Namen des Berges heißt. Bonifatius hat am heidnischen Heiligtum eine Kapelle bauen lassen und einen Priester beauftragt, die Einheimischen in der christlichen Religion zu unterweisen.
Obwohl Letzner für seine historischen Werke alte Archive benutzte und den Inhalt von anderen Spezialisten seiner Zeit Korrektur lesen ließ, gilt sein Werk heute zumindest teilweise als fragwürdig, vor allem, wenn es ins Detail geht. Eine endgültige Klärung scheint nicht möglich, da nicht mehr alle Quellen Letzners verfügbar sind.
Jedenfalls bezieht sich diese Geschichte auf den heutigen Hülfensberg, auf dem immer noch ein Wallfahrtskloster von Franziskanermönchen unterhalten wird. Auf deren Website heißt es zur Geschichte:
Die Ersterwähnung liefert eine Papsturkunde aus dem Jahre 1351. Sie nennt die Pfarrstelle „St. Salvator auf dem Stuffenberg“, über die 1357 die Zisterzienserinnen des Klosters Anrode das Patronat vom Heiligenstädter St.-Martins-Stift erhielten.
Der italienische Kardinal und Kirchenhistoriker Cäsar Baronius (1538–1607) schrieb unter Berufung auf deutsche Quellen (in lateinischer Sprache) über das Leben des heiligen Bonifatius über Stuffo und seinen Berg:
Eine Statue des Götzen, Stuffo genannt, stand da und wurde von den Anwohnern angebetet. Bonifatius verfluchte und verdammt dies.
Übersetzt nach Waldmann: „Über den thüringischen Gott Stuffo“.
Vor Letzners Bericht hatte ein Bischof diesen Gott bereits erwähnt, ihn aber als ‚Stauff‘ bezeichnet. Seit der Renaissance wird Stuffo in mehreren Werken erwähnt, in denen ein Zusammenhang mit dem Wort ‚Stauff‘ gesehen wird, der auf den Staufenberg, einen niedrigen Berg in der Mitte von Hessen, hinweist. Auf allen in diesem Zusammenhang genannten Hügeln werden heilige Haine heidnischer Götter vermutet.
Ein weiterer Stuffenberg liegt bei Gernrode, heute Stadtbezirk von Quedlinburg im Harz. Nur ein Kupferstich aus dem Jahr 1819 verzeichnet noch den alten Namen, heute heißt der Hügel „Stubenberg“. Das Bild trägt den Titel
„Der Stuffenberg am Unterharz bei Gernrode, im Königreich Hanover“,
Nach der Natur gezeichnet und in Kupfer gebracht von Hertel, K. baier.
Hauptmann, und Mitglied des Civil-Verdienst Ordens, 1819
Deutlich zu sehen ist das im Jahr 1754 vom Fürsten Victor Friedrich von Anhalt-Bernburg als Jagd- und Lusthaus errichtete „Stubenberghaus“ zu erkennen, das heutzutage noch als Hotel genutzt wird.
Historische Ortsansicht. Kupferstich, 1819.
Quelle: https://www.kunstfreund.eu/Gernrode-Quedlinburg-Gesamtansicht-mit-Stubenberg-Der-Stuffenberg-am-Unterharz-bei-Gernrode-im-Koenigreich-Hanover
Der dritte Stuffenberg liegt bei der Gemeinde Baunach in Oberfranken, nördlich von Bamberg. Auch auf ihm wurde im 13. Jahrhundert eine Burg errichtet, von der jedoch nur Mauerreste noch existieren. Auf der Website www.alleburgen.de ist sie jedoch verzeichnet mit der Angabe
Stiefenburg
Stufenburg, Stufenberg, Stuffenberg, Stiefenberg
Herkunft des Namens angeblich nach dem wendischen Trinkgott Stufo.
Abbildung der Gott Stuffo
Quelle: Germanischer Götterglaube, S. 229.
Vielleicht wurde diese Gottheit, zumindest nach einem Mythos, auch im Süden der niederländischen Provinz Friesland angebetet:
Einmal wurde südwestlich der Stadt Stavoren, eine halbe Stunde von der Stadt, ein Brunnen gegraben, aber statt Süßwasser strömte Salzwasser in einer solchen Menge an die Oberfläche, dass es die Stadt und die umliegenden Länder zu überschwemmen drohte. Daraufhin konsultierten die Bürger das Orakel ihres Gottes Staffo. In dem Orakel wurde ihnen gesagt, dass erst dann, wenn das Blut eines dreijährigen Knaben hineingegossen und mit diesem Salzwasser vermischt worden sei, die Quelle aufhörte. Die Menschen folgten diesem Ratschlag, und tatsächlich hörten die Überschwemmungen auf und alles Wasser verschwand. Wo es gestanden hatte, wurde das Land aber erst nach drei Jahren wieder fruchtbar.
Ludwig Bechstein: Deutsches Sagenbuch. Meersburg und Leipzig 1930, S. 126
Der Name dieses Gottes und sein Zuständigkeitsbereich werden unterschiedlich interpretiert.
In Anlehnung an die germanischen Bezeichnungen *staupa-, *staupaz und althochdeutsch staupis*, staupum*, stouf: ‚Becher, Tasse, Trinkglas‘ wird er als Gott des Getränkes und des Trinkens angesehen. Der Becher wird hier auch bildlich für das Trinken aus einem ‚Wissensbrunnen‘ genommen, basierend auf einigen lokalen Mythen, in denen Stuffo als ein Gott beschrieben wird, der für Orakelfragen konsultiert werden kann.
Ebenso bedeuten auch die gleichen germanischen und althochdeutschen Wörter *staupa-, *staupaz, staupis*, staupum*, stouf: ‚steil, hoch, Klippe, Riff, Fels, Berg‘. Stuffo könnte hier einfach als ‚Gott des Berges‘ oder ‚Gott der steilen felsigen Bergkuppe‘ interpretiert werden.